Seitenpfad:

Dortmund: 4.300 Minijobs im Corona-Jahr verloren gegangen

„450-Euro-Stellen nicht krisenfest“ | IG BAU fordert Reform

geb-reinigerin
13.07.2021
Presse Archiv

Wenn der Minijob zur Falle wird: In Dortmund sind im vergangenen Jahr rund
4.300 geringfügig entlohnte Arbeitsverhältnisse weggefallen. Innerhalb von zwölf Monaten
sank ihre Zahl um acht Prozent auf zuletzt 52.400, wie die Industriegewerkschaft Bauen-
Agrar-Umwelt mitteilt. Die IG BAU beruft sich hierbei auf neue Zahlen der Bundesagentur
für Arbeit. „Der Rückgang zeigt, dass Minijobs alles andere als krisenfest sind. In
unsicheren Zeiten kürzen Firmen zuerst bei den 450-Euro-Kräften, die allerdings weder
Anspruch auf das Kurzarbeiter- noch auf das Arbeitslosengeld haben“, kritisiert Gabriele
Henter. Die Bezirksvorsitzende der IG BAU Bochum-Dortmund fordert, Lehren aus der
Pandemie zu ziehen und Betroffene besser zu schützen. Minijobs müssten ab dem ersten
Euro sozialversicherungspflichtig werden.

In der Gebäudereinigung seien prekäre Arbeitsverhältnisse besonders stark verbreitet und
würden insbesondere für Frauen zum Karriere- und Armutsrisiko. Laut Arbeitsagentur
zählten die Reinigungsfirmen in Dortmund Ende vergangenen Jahres rund
3.100 Beschäftigte, die einen Minijob als alleiniges Einkommen haben. Das sind 40 Prozent
aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Branche. Die IG BAU rät Beschäftigten,
die während der Pandemie ihren Minijob verloren haben oder um dessen Verlust fürchten,
Hilfe bei der Gewerkschaft zu suchen.

„Die Politik setzt mit den abgabenfreien Minijobs schon seit Jahren falsche Anreize. Die
Corona-Krise hat klargemacht, dass diese Stellen eine arbeitsmarktpolitische Sackgasse
sind. Es ist höchste Zeit, die Sozialversicherungsfreiheit für 450-Euro-Jobs abzuschaffen“,
so Henter. Nur wenn für die Beschäftigten künftig Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken-,
Pflege- und Rentenversicherung gezahlt würden, könnten sie wirksam geschützt werden.

 

 

Es sei zu begrüßen, dass sich auch SPD, Grüne und Linke für eine grundlegende Reform
der Minijobs einsetzten. Die nächste Bundesregierung müsse das Thema dringend
anpacken. Die von der Union geforderte Anhebung der Verdienstgrenze auf 550 Euro sei
hingegen der falsche Weg und würde die prekäre Beschäftigung ausbauen, statt sie
einzudämmen, warnt die IG BAU.

Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sind im Zuge der Corona-Pandemie
bundesweit 870.000 Minijobs verloren gegangen. Die Autoren plädieren dafür, solche
Stellen in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen und gleichzeitig niedrige
Einkommen deutlich geringer zu besteuern. Damit könnten bis zum Jahr 2030 knapp
170.000 zusätzliche Teilzeit-Jobs entstehen.